NSU Tribunal

Chemnitz, Sachsen

Die Arbeit vom NSU Tribunal braucht unsere Unterstützung:

Vom 1.-3. November 2019 bringt das Projekt das Tribunal „NSU-Komplex auflösen“ nach Chemnitz und Zwickau. Es macht die Gesellschaft der Vielen sichtbar, klagt die Verantwortlichen für rassistische Gewalt an, fordert mit Gerechtigkeit ein! Die Gesellschaft der Vielen sind die Zukunft – auch in Sachsen!

In Chemnitz und Zwickau lebte das Kerntrio des NSU während seiner Mordserie – eingebunden in ein „Netzwerk von Kameraden“, das bis heute existiert und gesellschaftlich wirksam ist. Hier fanden im Oktober 2018 rechte Hetzjagden auf Migrant*innen statt, es gab Brandanschläge auf migrantische und jüdische Restaurants. Von hier ging und geht eine Welle der rassistischen Mobilisierung durch das Land, aus der die alten Netzwerke des NSU gestärkt hervorgehen.

Aber hier ist auch der Ort von widerständiger Solidarität und neuen Bündnissen gegen den grassierenden Rassismus. An diesem Ort werden wir die Täter*innen und Verantwortlichen der rassistischen Gewalt anklagen und gemeinsam mit den Betroffenen Gerechtigkeit einfordern. Wir werden die Kontinuität von Migration in Sachsen sichtbar machen, gemeinsam die Gesellschaft der Vielen einklagen, laut werden lassen und behaupten. Wir sind die Zukunft, auch in Sachsen.

Migration war und ist die Mutter aller Gesellschaften – überall. In Dresden, Chemnitz, Leipzig und vielen anderen Orten prägten vor allem Vertragsarbeiter*innen, Studierende und Exilant*innen die Migration in die DDR. Staatliche Restriktionen, wie gesonderte Wohnunterbringungen und separierte Arbeitsbereiche, zielten darauf, diese gesellschaftliche Realität von der Bevölkerung fernzuhalten. Vertragsarbeiter*innen gelang es dennoch immer wieder, diese Isolierung zu durchbrechen, sie knüpften Kontakte zu den Menschen der Mehrheitsgesellschaft und tauschten sich mit ihnen aus. Gegen den staatlichen wie auch gesellschaftlichen Rassismus unterliefen unzählige Geschäftsbeziehungen, Freundschaften, Liebesbeziehungen, Sportaktivitäten Alltagsbegegnungen, künstlerischer Austausch und andere Verbindungen alle Vorstellungen eines homogenen Deutschlands.

Die DDR, im Selbstbild Klassenbeste unter den realsozialistischen Staaten, profitierte durch die migrantische Realität enorm, auch wenn sie das nie anerkannte. Nach dem Fall der Mauer prägten Migrant*innen und Geflüchtete noch stärker die sächsische Gesellschaft trotz der rassistischen Pogrome von Hoyerswerda (1991), Liebertwolkwitz (1992), Thiendorf (1991), Wurzen (2018). Sie eröffneten Geschäfte, arbeiteten in Fabriken und richteten Dienstleistungen ein. Sie sorgten mit ihren Netzwerken und Existenzgründungen für den Neuaufbau der gesellschaftlichen Strukturen und ihre Kinder wurden zu Ostdeutschen of Color.

Auf dem Tribunal in Chemnitz werden diese Generationen der Migrant*innen das Wort ergreifen und das Sachsen der Vielen verteidigen und einklagen!

Gemeinsam werden wir auf dem Tribunal mit Betroffenen und Angehörigen von Opfern die Geschichten rassistischer Gewalt von den 1970er Jahren bis heute erzählen und sichtbar machen. Wir werden um die Opfer klagen und trauern!

Das Tribunal wird den Widerstand von Migrant*innen und solidarischen Menschen laut werden lassen und die Verantwortlichen für rassistische Strukturen und die Täter*innen rassistischer Gewalt benennen und anklagen!

Migration ist unumkehrbar: Die Gesellschaft der Vielen lebt, auch in Sachsen. Anliegen des Tribunals ist es, das zu würdigen, zu feiern und zu stärken. Wir sind migrantische Sächs*innen und sächsische Wandernde, Refugees, Leute mit vorder- und hintergründigen Migrationsgeschichten, wir sind nach Sachsen migriert oder von hier geflohen, wir sind kämpferische Gäste und solidarische Bleibende, ehemalige Vertragsarbeiter*innen und ohne Vertrag Arbeitende, wir zählen unsere Generationen und versammeln unsere Geschichten.

United against Racism – Wir klagen an!